Serie: Sexuelle Funktionsst – rungen – Sildenafil (Viagra)



Serie: Sexuelle Funktionsstцrungen – Sildenafil (Viagra)
Schlьsselwцrter: Erektionsstцrung, mдnnliche Impotenz, Sildenafil, Phosphodiesterase-V-Inhibitor.
Erectile dysfunction is a common sexual problem of men which effects two per cent of men below 40 years of age, but nearly two thirds of all men above 65. There are many reasons for erectile dysfunction, but now for the first time an effective medical treatment is possible in many cases. Sildenafil, a specific phosphodiesterase Vinhibitor has been available since last year. Sildenafil inhibits hydrolysis of cyclic GMP in the smooth muscle cells of the corpus cavernosum and its associated arterioles, thus increasing or improving the blood flow into the corpus cavernosum and enabling penile erection. Sildenafil is not an aphrodisiac and does not improve libido. But for many men with psychogenic or organic erectile dysfunction, it is a medication with a relative low incidence of side effects and a therapeutic efficacy of up to 85 per cent. Before prescribing this preparation, both the indications and contraindications warrant careful consideration.
Key words: Erectile dysfunction, male impotence, sildenafil, phosphodiesterase V-inhibitor.
Die Erektionsstцrung ist eine auЯerordentlich hдufige Erkrankung, deren Inzidenz nach amerikanischen Schдtzungen bei Mдnnern mit 40 Jahren bei 1,9 Prozent liegen soll und bei Mдnnern mit 65 Jahren bei 65 Prozent (3). Die NIH-Konsensuskonferenz von 1993 geht davon aus, dass etwa 30 Millionen Mдnner in den Vereinigten Staaten hiervon betroffen sind (11). Trotz ihrer Hдufigkeit war die Erkrankung weitgehend tabuisiert, sie wurde in der Цffentlichkeit kaum diskutiert. Durch die Markteinfьhrung von Sildenafil (Viagra) im Frьhjahr 1998 in den USA kam es zu ausfьhrlichen Berichten in der Laienpresse ьber die realen und vermeintlichen Wirkungen des neuen Medikamentes.
Physiologie der Erektion.
Erotische Stimuli, visueller, taktiler, auditiver oder imaginдrer Natur fьhren zu einer Aktivierung spezieller Regionen von Thalamus und Hypothalamus. Diese Zentren regulieren ьber das parasympathische beziehungsweise sympathische Nervensystem den Blutein- und Ausstrom in die Schwellkцrper des Penis. Der wesentliche Neurotransmitter fьr die Relaxation der glatten Schwellkцrpermuskulatur und die Erweiterung der penilen Arterien ist Stickoxid (NO). Durch die Relaxation der glatten Schwellkцrpermuskulatur und der penilen Arteriolen kommt es zu einer Steigerung des arteriellen Bluteinstroms um bis zu 700 Prozent verglichen mit der Ruheperfusion. Der erhцhte Bluteinstrom fьhrt zu einer erheblichen Volumen- und Drucksteigerung der Schwellkцrper, dadurch wird der venцse Abstrom deutlich reduziert (Grafik 1). In der Endphase der Erektion fьhrt eine Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur ьber eine Stimulation des Nervus pudendus zur venцsen Abflussblockade. Hierdurch erreicht der intrakavernцse Druck suprasystolische Werte, die neben der vollstдndigen Erektion fьr die notwendige Rigiditдt des Penis sorgen. Unter dem Einfluss des sympathischen Nervensystems kommt es nach erfolgter Ejakulation zu einer kontinuierlichen Rigiditдtsabnahme.
Definition der Erektionsstцrung.
Unter einer Erektionsstцrung versteht man die Unfдhigkeit, eine ausreichende Erektion fьr einen befriedigenden Vollzug des Geschlechtsverkehrs zu erreichen oder aufrechtzuerhalten (9). Die Libido ist hierbei erhalten. Bei Libido-Verlust infolge eines Hypogonadismus sind die physiologischen Voraussetzungen zur Erektion erhalten.
Дtiologie der Erektionsstцrung.
Ging man frьher davon aus, dass psychogene Ursachen am hдufigsten fьr das Zustandekommen einer Erektionsstцrung verantwortlich sind, hat sich diese Vorstellung im letzten Jahrzehnt stark gewandelt. Nach vorsichtigen Schдtzungen unter Zuhilfenahme standardisierter, diagnostischer Programme ist davon auszugehen, dass etwa 50 Prozent der Erektionsstцrungen eine rein organische Ursache haben, bei etwa einem Drittel ist von einer rein psychogenen Stцrung auszugehen, und zirka 20 Prozent der Patienten weisen eine Kombination aus organischen und psychischen Stцrungen auf (12, 17). Diese relativ schematische Einteilung vernachlдssigt wahrscheinlich die pathogenetische Bedeutung psychogener Faktoren, die bei kaum einer lдngerfristig bestehenden Erektionsstцrung zumindest als sekundдre Komponente fehlen (5).
Die rein organischen Ursachen der Erektionsstцrung kцnnen wiederum unterteilt werden (Textkasten Organische Ursachen) in Verдnderungen der arteriellen Strombahn (etwa die Hдlfte), kavernцse Insuffizienz, neurogene und zu einem kleinen Teil auch endokrine Stцrungen. Bei Verдnderung der arteriellen Strombahn kommt es in der Regel durch arteriosklerotisch bedingte Verengungen des arteriellen Lumens zu einer ungenьgenden Fьllung der Sinusoide mit fehlender Kompression der subtunikalen Venolen (9, 10). Die arteriellen Durchblutungsstцrungen der penilen GefдЯe gehen in der Regel mit einer generalisierten Arteriosklerose einher, die diesbezьglichen Risikofaktoren Fettstoffwechselstцrungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, Nikotinabusus und familiдre Belastung sind hierbei zu beachten.
Ein vermehrter, venцser Abfluss (“kavernцse Insuffizienz”) kann verschiedene Ursachen haben. Ein Defekt der Tunica albuginea, eine zu hohe Zahl an abfьhrenden Venen, eine gestцrte, kavernцse Neurotransmitterfreisetzung oder ein fibrotischer Umbau der Schwellkцrpermuskulatur sind hier zu nennen. Insbesondere der fibrotische Umbau der Schwellkцrpermuskulatur mit bindegewebigem Ersatz der Muskelzellen durch Fibroblasten tritt hдufig im Gefolge langjдhriger, arterieller Perfusionsstцrungen auf und weist exemplarisch auf die multifaktorielle Genese der Erektionsstцrung hin.
Neurogen bedingte Stцrungen der Erektion kцnnen auf zentrale Prozesse zurьckgehen wie bei M. Parkinson oder Encephalitis disseminata. Hдufig sind es spinale Stцrungen, insbesondere im Bereich des Sakralmarks.
Stoffwechselerkrankungen oder toxische Schдdigungen wie Diabetes mellitus, terminale Niereninsuffizienz und chronischer Alkoholabusus fьhren ьber Stцrungen des peripheren Nervensystems (Nervi cavernosi, Nervus pudendus) oder des autonomen Nervensystems zur Erektionsstцrung, die sich auch nach iatrogenen Lдsionen dieser Strukturen nach radikalen, beckenchirurgischen Eingriffen, beispielsweise aufgrund eines Prostatakarzinoms, finden.
Endokrine Ursachen, das heiЯt ein primдrer oder sekundдrer Hypogonadismus mit einem Testosteronmangel, sind mit etwa fьnf Prozent relativ selten fьr Erektionsstцrungen verantwortlich, hдufig steht bei diesen Patienten die mangelnde Libido im Vordergrund der Beschwerden.
Eine Reihe von Medikamentengruppen kцnnen an der Entstehung von Erektionsstцrungen beteiligt sein. Zu nennen sind hier zentral und peripher wirkende Alpha- und Betasympatholytika wie sie oft zur Hypertoniebehandlung eingesetzt werden. Hierbei ist allerdings immer auch in Betracht zu ziehen, dass eine Normalisierung des Blutdrucks bei fortgeschrittener Arteriosklerose und erniedrigter Durchblutungsreserve der penilen GefдЯstrombahn die Erektionsschwдche mit verursachen kann. Psychotrope Medikamente wie Tranquilizer und Antidepressiva kцnnen die Erektionsfдhigkeit ebenso wie H2-Blocker, Halluzinogene und Narkotika verschlechtern (Tabelle 2) (2).
Da die Ursache der Erektionsstцrung multifaktoriell ist, sollte nach einer speziellen Diagnostik immer auch die Partnerin des Patienten miteinbezogen werden (5). An speziellen therapeutischen Mцglichkeiten ergeben sich: Die Schwellkцrper-Autoinjektion (SKAT) mit vasoaktiven Substanzen, die alleine oder in Kombination von dem Patienten selbst in den Schwellkцrper injiziert werden. Zu nennen ist hier Papaverin, Phentolamin sowie Prostaglandin E1, das in den letzten Jahren zur SKAT-Substanz der ersten Wahl geworden ist (14).
Die seit 1993 durchgefьhrte intraurethrale Applikation von Prostaglandin E1 wurde in Europa kьrzlich auch zugelassen. In bisherigen Studien zeigte sich bei etwa zwei Drittel der Patienten ein gutes Ansprechen.
Seit langem bekannt und hдufig oral angewendet wird Yohimbin, pharmakologisch handelt es sich hier um einen Alpha-2-Adrenorezeptor-Antagonisten mit zentralnervцsen Angriffspunkten. Seine Wirkung konnte vor allem bei geringgradigen Stцrungen in doppelblinden, plazebokontrollierten Studien nachgewiesen werden (15). Seit Jahren stehen auch mechanische Verfahren zur Behandlung der Erektionsstцrung wie die Vakuum-Erektionshilfe oder chirurgisch eingesetzte Penisimplantate zur Verfьgung. Die Testosteronsubstitution kommt nur bei nachgewiesenem Hypogonadismus mit endokriner Hodeninsuffizienz infrage. Ob bei dem partiellen AndrogenDefizienzsyndrom дlterer Mдnner (androgen deficiency syndrom of aging men [PADAM]) eine Testosteronsubstition zur Besserung einer vorhandenen Erektionsstцrung fьhrt, ist bisher nicht eindeutig geklдrt (8).
Das Molekulargewicht von Sildenafil betrдgt 666,7 Dalton, die chemische Strukturformel ist in Grafik 2 dargestellt. Pharmakologisch gehцrt Sildenafil zu den Phosphodiesterase-Hemmern. Unselektive Phosphodiesterase-Hemmstoffe, wie Coffein und Theophyllin sind seit Jahrzehnten bekannt. In den letzten Jahren haben selektive Phosphodiesterase-Hemmstoffe wie Enoximon bei der Therapie der terminalen Herzinsuffizienz zunehmend klinische Bedeutung erlangt. Die Phosphodiesterase-Hemmstoffe verhindern den intrazellulдren Abbau von Phosphodiestern, wie dem zyklischen Adenosinmonophosphat (cAMP) oder dem zyklischen Guanosinmonophosphat (cGMP). Diese beiden zyklischen Nukleotide sind als so genannte “second messengers” ganz wesentlich an der intrazellulдren Informationsьbertragung von Hormonen und Neurotransmittern beteiligt. Durch die Blockierung ihres Abbaus wird die intrazellulдre Wirksamkeit verlдngert und verstдrkt. Bisher sind sieben Isoenzyme der Phosphodiesterase bekannt, die sich sowohl molekulargenetisch, biochemisch und auch bezьglich ihrer unterschiedlichen Gewebelokalisation unterscheiden lassen. Wдhrend die bisher zugelassenen Phosphodiesterase-Hemmstoffe Amrinon, Enoximon und Milrinon, selektiv die Phosphodiesterase III hemmen, die insbesondere im Herzen lokalisiert ist, hemmt Sildenafil selektiv die Phosphodiesterase V.
Stickstoffmonoxid (NO) vermittelt nach sexueller Stimulation die Relaxation der glatten Schwellkцrper und penilen arteriellen GefдЯmuskulatur. “Second messenger” fьr diese Wirkung ist zyklisches Guanosinmonophosphat. Durch die Phosphodiesterase V wird zyklisches Guanosinmonophosphat hydrolysiert und damit deaktiviert (Grafik 3). Sildenafil hemmt die Deaktivierung des cGMP, hierdurch wird die intrazellulдre cGMP-Konzentration erhцht, dies fьhrt zu einer Verstдrkung und Verlдngerung der cGMPvermittelten Wirkungen. Zur Wirksamkeit von Sildenafil ist damit immer eine sexuelle Stimulierung und die Freisetzung von NO notwendig, ohne diese Stimulierung bleibt Sildenafil wirkungslos (1). Diese Beobachtung ist auch aus theoretischen Ьberlegungen verstдndlich, da eine Hemmung der Phosphodiesterasen um so effektiver ist, je stдrker gleichzeitig die Bildung der zyklischen Nukleotide stimuliert wird.
Sildenafil verhindert die Hydrolyse von cGMP durch die Phosphodiesterase V mit einem IC50-Wert (Konzentration bei der die halbmaximale Hemmung erreicht wird) zwischen 3,5 und 3,9 nmol/l. Nach einer oralen Dosis von 25 bis 50 mg Sildenafil werden maximale Plasmakonzentrationen in der GrцЯenordnung von 15 bis 30 nmol/l erreicht. Unter Berьcksichtigung einer Plasmaproteinbindung von 96 Prozent errechnet sich ein freier Anteil an Sildenafil, der dem IC50-Wert fьr die Hemmung der Phosphodiesterase V entspricht (1).
Die Selektivitдt mit der Sildenafil die Phosphodiesterase V hemmt zeigt sich in den wesentlich hцheren Konzentrationen des Medikamentes, die notwendig sind, um eine halbmaximale Hemmung der ьbrigen Phosphodiesterase-Isoenzyme zu erreichen:
Zur halbmaximalen Hemmung der Phosphodiesterase VI wird eine zehnfach hцhere Konzentration benцtigt, die Phosphodiesterase I wird erst in etwa 100-fach hцherer Konzentration gehemmt. Zur Inhibition der Phosphodiesterasen II, III und IV werden ьber 200-fach hцhere Konzentrationen benцtigt. Die Phosphodiesterase V wird auЯer in der glatten Muskulatur des Corpus cavernosum des Penis, auch an der glatten Muskulatur anderer BlutgefдЯe, unter anderem auch der Koronararterien, gefunden. Das Enzym kommt an der Trachea, den Thrombozyten und in der Niere vor (18).
Klinische Studien zu Sildenafil.
Die klinische Wirksamkeit von Sildenafil wurde in den Dosierungen 25, 50 und 100 mg einmal tдglich in ьber 20 randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Studien mit einer Dauer von maximal sechs Monaten untersucht. Darьber hinaus liegen Ergebnisse aus zehn offenen Studien mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren vor. Insgesamt nahmen mehr als 4 500 Patienten im Alter zwischen 19 und 87 Jahren mit Erektionsstцrungen unterschiedlichen Schweregrades und unterschiedlicher Дtiologie an den Studien teil. Exemplarisch seien die Ergebnisse der Studie von Goldstein und Mitarbeitern erwдhnt (4). Bei 532 untersuchten Patienten zeigte sich nach drei oder sechs Monaten eine signifikante Verbesserung der Erektionsfдhigkeit, die mit der gegebenen Dosis korrelierte, verglichen mit Plazebo. Wдhrend die Patienten unter Plazebo nach sechs Monaten eine Ansprechrate von zirka 24 Prozent zeigten, taten dies in der Verumgruppe 82 Prozent.
Bisher liegen nur beschrдnkte Erkenntnisse ьber die Wirksamkeit von Sildenafil bei speziellen Untergruppen mit organischer Erektionsstцrung vor. Bei 257 Patienten mit Typ-I- und Typ-II-Diabetes-mellitus konnte eine Ansprechrate von 56 Prozent im Vergleich zu Plazebo nachgewiesen werden (16). Auch Patienten, bei denen nach traumatischer Querschnittlдhmung eine reflexogene Erektion erhalten war, zeigten unter Sildenafil eine signifikante Verbesserung der Erektion nach taktilen Reizen (6). Keine eindeutige klinische Datenlage besteht hinsichtlich der Wirksamkeit von Sildenafil bei Patienten mit iatrogener peripherer Nervenlдsion nach ausgedehnten beckenchirurgischen Eingriffen sowie bei Patienten mit arteriellem Hypertonus und Depressionen.
Bei rein psychogenen Erektionsstцrungen, die nicht lдnger als sechs Monate bestehen und eine intakte Partnerschaft aufweisen, kann eine begleitende Medikation mit Sildenafil die Dauer der Behandlungen verkьrzen (7). Die Behandlung der psychogenen Ursachen muss jedoch unbedingt im Vordergrund stehen, hierbei sollte die Partnerin in die Therapie mit eingebunden sein.
Bei ьberwiegend organischer Genese der Erektionsstцrung hat Sildenafil die grцЯte Wirksamkeit bei Patienten mit arteriell bedingten Durchblutungsstцrungen des Corpus cavernosum. Bei einer venцsen oder kavernцsen Insuffizienz ist kein Effekt von Sildenafil zu erwarten (7). Wдhrend nach Lдsionen des ersten Motoneurons eine Wirksamkeit von Sildenafil gegeben ist, scheint bei vollstдndiger Unterbrechung des zweiten Motoneurons beispielsweise nach radikaler Prostataoperation oder radikaler Rektumentfernung kein Effekt zu bestehen (13). Bei multifaktorieller Дtiologie der Erektionsstцrung wie beim Diabetes mellitus, bei dem die Erektionsstцrung sowohl durch periphere als auch durch autonome Neuropathie wie auch durch Mikro- und Makroangiopathie verursacht sein kann, kommt es langfristig auch zu einem fibrцsen Umbau der glatten Schwellkцrpermuskulatur mit kavernцser Insuffizienz, die dann im Spдtstadium einer Behandlung mit Sildenafil nicht mehr zugдnglich ist. Hier muss aufgrund der individuellen Gegebenheiten des einzelnen Patienten die Indikation gestellt werden.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen.
Ein groЯer Teil der Patienten mit einer Erektionsstцrung weist eine erhebliche Multimorbiditдt auf. So besteht bei bis zu 60 Prozent der Patienten mit organisch bedingter Erektionsstцrung eine koronare Herzerkrankung. In diesem Zusammenhang muss berьcksichtigt werden, dass eine vermehrte sexuelle Aktivitдt bei Patienten mit schwerer Arteriosklerose das Risiko beispielsweise fьr einen Herzinfarkt erhцhen kann (19). Aus den bisher durchgefьhrten Studien ergibt sich ein relativ harmloses Nebenwirkungsprofil fьr Sildenafil (Tabelle 1). Am hдufigsten traten Kopfschmerzen und Gesichtsrцtung auf, dies sind vermutlich Folgen der gefдЯerweiternden Wirkung, die durch die Hemmung der Phosphodiesterase V der gesamten GefдЯmuskulatur zustande kommt. Der Abfall des Blutdrucks mit den Nebenwirkungen Schwindel und Benommenheit ist ebenfalls auf die vasodilatierende Wirkung des Medikamentes zurьckzufьhren (19). Die Ursache der beschriebenen Magen- und Verdauungsbeschwerden ist Folge der relaxierenden Wirkung von Sildenafil an der Muskulatur des unteren Цsophagussphinkters. Bei weniger als drei Prozent der Patienten, die Sildenafil einnahmen, kam es zu Sehstцrungen, diese Nebenwirkungen traten bei hцheren Dosen auf und sind vermutlich Folge einer Hemmung der Phosphodiesterase VI an der Retina.
Eine retrospektive Analyse in den USA seit der Zulassung im Frьhjahr 1998 zeigte keine vermehrten Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme von Betablockern, Alphablockern, Diuretika, Hemmern des Angiotensin-Converting-Enzyms und Kalziumantagonisten. Die Inzidenz von schweren kardiovaskulдren Nebenwirkungen wie Schlaganfall und Myokardinfarkt unterschied sich in den vorliegenden Studien nicht zwischen Verum- und der Plazebogruppe (19).
Die Kombination von Nitraten und Sildenafil ist wegen des gleichartigen Wirkungsmechanismus kontraindiziert. Es liegen hierьber auch keine Studienergebnisse vor. Eine Kombination von Nitraten und Sildenafil sollte daher nicht erfolgen.
Bei den bisher durchgefьhrten klinischen Studien wurden Patienten, die innerhalb der letzten sechs Monate einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder eine lebensgefдhrliche Herzrhythmusstцrung erlitten hatten, ausgeschlossen. Auch Patienten mit einem Ruheblutdruck ьber 170 zu 110 mm Hg oder einer Hypotonie unter 90 zu 50 mm Hg, schwerer Herzinsuffizienz, instabiler Angina pectoris und Retinitis pigmentosa wurden bisher unter Studienbedingungen nicht untersucht. Bei diesen Patientengruppen sollte Sildenafil daher weiterhin nicht angewendet werden.
Aus theoretischen Ьberlegungen wдre ein Priapismus als Nebenwirkung bei der Einnahme von Sildenafil zu erwarten, wдhrend der klinischen Studie trat dies nicht auf, seit der Zulassung in den Vereinigten Staaten sind vereinzelte Fдlle beschrieben worden. Die Ausscheidung von Sildenafil war bei Patienten ьber 65 Jahren, bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz und einer Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min sowie bei bekannter Leberzirrhose vermindert. Bei diesen Patientengruppen sollte eine Dosis von 25 mg/Tag nicht ьberschritten werden (7).
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Дrztebl 2000; 97: A-311-315 [Heft 6]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das ьber den Sonderdruck beim Verfasser und ьber das Internet (www.aerzteblatt.de) erhдltlich ist.
Anschrift fьr die Verfasser.
Priv.-Doz. Dr. med. Jochen Schopohl.
Klinikum Innenstadt der LMU.
E-Mail: Jochen.Schopohl@medinn. med.uni-muenchen.de.
1 Medizinische Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Peter C. Scriba) der Ludwig-Maximilians-Universitдt, Mьnchen.
3 Urologische Abteilung (Leiter: Prof. Dr. med. Wolf F. Wieland) des Krankenhauses St. Josef, Regensburg.
Nebenwirkungsprofil von Sildenafil bei durchgefьhrten Studien (Dosierung 25, 50, 100 mg)
verstopfte Nase 4,6.
Organische Ursachen der Erektionsstцrung.
c Verдnderungen der arteriellen Strombahn.
c kavernцse Insuffizienz (25 Prozent)
c neurogene Stцrungen (20 Prozent)
c endokrine Stцrungen (5 Prozent)
Medikamente, die Erektionsstцrungen verursachen kцnnen.
Art des Medikaments Wirkstoffe.
Antihypertensiva Chinidin, Dihydralazin, Methyldopa, Reserpin.
Diuretika Thiazide, Spironolacton.
Kardiaka Digitalisprдparate, Verapamil, Propafenon.
Magen-Darm-Mittel Cimetidin, Ranitidin.
Neuroleptika Butyrophenone, Phenothiazine, Thioxanthene.
Antidepressiva trizyklische Antidepressiva, Lithiumprдparate.
Antiphlogistika Indometacin, Naproxen, ASS.
Migrдnemittel Dihydroergotamin, Methysergid.
Andere Medikamente Antiandrogene, LHRH-(luteinizing hormone releasing.
factor-)Analoga, Цstrogene, Gestagene, Zytostatika.
Einfluss der glatten Muskulatur auf den Blutein- und Ausstrom in die Schwellkцrper des Penis.
Strukturformel von Sildenafil.
Wirkmechanismus von Sildenafil. NO, Stickoxid; NANC, nichtadrenerge und nichtcholinerge Neurone; PDE-5, Phosphodiesterase V.