Patentschutz läuft aus: Das Billig-Viagra kommt



Patentschutz läuft aus: Das Billig-Viagra kommt.
Sie haben den Artikel in Ihre Merkliste aufgenommen.
Möchten Sie ihn nicht auch gleich mit Feunden teilen?
Bald muss Pfizer sich mit der Konkurrenz herumschlagen. Das Patent auf Viagra läuft aus.
Berlin/New York Viagra – allein der Name hat schon Wirkung. Der Wirbel um die Potenzpille war groß, als sie vor 15 Jahren auf den Markt kam. Für die einen war es ein neuer Abschnitt in der Sexualmedizin, für die anderen eine „Liebesdroge“. Die Potenzpille ist aber vor allem eines: Ein Medikament, mit dem sich prächtig Geld verdienen lässt.
Denn die blaue Pille ist eine teure Angelegenheit. Eine Tablette Viagra 50 Milligramm kostet laut Hersteller Pfizer umgerechnet 10,30 Euro. Im vergangenen Jahr setzte der US-Pharmakonzern auf diese Weise mit dem Mittel insgesamt 2,1 Milliarden Dollar um. Doch nun dürfen auch andere Hersteller ran. Der Patentschutz in Deutschland läuft am 22. Juni aus – der Kunde darf sich freuen.
„Es wird auf jeden Fall preiswerter“, sagt Bork Bretthauer vom Verband Pro Generika. Darin haben sich die Hersteller von sogenannten Nachahmer-Präparaten organisiert. Ihr Geschäftsmodell: Sie warten, bis der Patentschutz eines Medikaments abgelaufen ist und bieten dann Kopien an. Die sind billiger, weil die Generikahersteller keine so hohen Entwicklungskosten hatten.
Im Falle von Viagra profitieren die Endkunden besonders. Denn die Kassen erstatten die Kosten nicht, Viagra wird von ihnen als „Life-Style“-Präparat eingestuft. Das hat zu einem schwunghaften Handel im Internet geführt, wo vermeintlich günstige Angebote locken. Hersteller Pfizer hatte allerdings bei Probekäufen vor zwei Jahren herausgefunden, dass vier von fünf online bestellten Pillen gefälscht waren. Sie enthielten weniger Wirkstoff.
„Einige Leute sehen nicht die Risiken, denen sie sich aussetzen“, sagt Pfizer-Vertreter Matthew Bassiur. Deshalb hat der Pharmakonzern in den USA unlängst sogar damit begonnen, das Potenzmittel zusammen mit einem Partner selbst zu versenden. Das Angebot soll vor allem jene ansprechen, denen es unangenehm ist, im Laden danach zu fragen.
Viagra ist allerdings in den USA genauso wie in Deutschland rezeptpflichtig. Und das aus gutem Grund: Der Arzt müsse prüfen, ob der Patient die Nebenwirkungen vertrage, sagt Wolfgang Bühmann, Sprecher des Berufsverbands der Deutschen Urologen. Die Frage lautet etwa: Kommt ein 80-Jähriger rein körperlich damit zurecht, dass er wieder kann?
Die Pharmabranche steht vor schwierigen Zeiten: Nach Einschätzung des Beratungsunternehmens Accenture werden bis zum Jahr 2015 rund 50 Blockbuster ihren Patentschutz verlieren – das sind Arzneien, die für mindestens eine Milliarde Dollar Umsatz im Jahr sorgen. Die Originalprodukte verlieren nach Patentablauf in der Regel massiv Marktanteile an die deutlich preisgünstigeren Nachahmer-Produkte der Generikahersteller.
Betroffen sind die Medikamente etlicher Pharmakonzerne. Etwa der Cholesterinsenker Lipitor, mit dem Pfizer einst mehr als 12 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr machte. Oder der Blutverdünner Plavix, der Sanofi und Bristol-Myers Squibb 2011 mehr als neun Milliarden Dollar in die Kassen spülte. Auch das Asthma-Mittel Singulair von Merck verliert seinen Schutz.
Von Ablauf der Patente profitieren die Hersteller von Generika: Sie dürfen die Arzneien kopieren und zu günstigen Preisen verkaufen. Das dämpft die Kosten – auch die Patienten profitieren davon.
Der Pharma-Industrie fällt es immer schwere, neue Blockbuster-Medikamente zu entwickeln. Das hat mit den strikteren Zulassungsbedingungen und den schärferen Kontrollen der Behörden zu tun. Ein Beispiel: Der deutsche Hersteller Merck stoppte das Multiple-Sklerose-Medikament Cladribin, weil es in mehreren Ländern keine Zulassung bekam.
Es gibt schon seit Jahren auch Alternativen zu dem Pfizer-Präparat wie Cialis von Lilly oder Levitra von Bayer. Die Medikamente beruhen auf anderen Wirkstoffen als dem in Viagra steckenden Sildenafil. Deshalb durften sie ungeachtet des Patentschutzes verkauft werden.
Der Name Viagra steht aber als eine Art Synonym für Potenzpillen, weshalb die Generikafirmen das große Geschäft wittern. 28 Hersteller hätten bereits eine Zulassung bekommen, sagt Sabine Cibura vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das sei eine vergleichsweise hohe Zahl – „das geht in Richtung Blockbuster-Medikament“.
Sogar Pfizer selbst will eine Nachahmer-Variante anbieten, um der Konkurrenz nicht das Billigfeld zu überlassen: Sildenafil Pfizer 50 Milligramm soll 2,50 Euro pro Tablette kosten und damit nur ein Viertel des Originals.
Urologe Bühmann kann die Aufregung um die blauen Pillen nicht ganz nachvollziehen: „Es ist weder eine sexuelle Revolution noch Teufelszeug“, stellt er nüchtern fest. Viagra habe sich mittlerweile zwar etabliert, doch das Sexualverhalten habe sich aus seiner Sicht nicht wesentlich geändert. Denn ohne sexuelle Erregung funktioniere auch hier am Ende nichts.
19:37 Verhaltener Ausblick : Deutsche Bahn wird bei Gewinnprognose vorsichtiger 19:34 aufeminin : Springer verkauft Frauen-Onlineportal an TF1 18:55 Facebook verteilt Umsätze : Mark Zuckerbergs neue Steuermoral 18:27 Scania : Lkw-Hersteller geht gegen EU-Kartellrechtsstrafe vor 18:09 Debatte über Subventionsabbau : Merkel gegen Müller – Die Dieselhilfen bleiben 18:05 Max Viessmann : Plötzlich Vorstandschef 17:55 Stellenabbau in der Kraftwerkssparte : Heftige Kritik im Bundestag an Siemens 17:53 Gerstungen : K+S legt Abwasser-Streit in Thüringen bei 17:43 Shazam-Übernahme : Apple sucht den Rhythmus 17:32 Dieter Zetsche wird Tui-Chefaufseher : Die zweite Karriere des Dr. Z 17:19 Probleme zwischen Berlin-München : Bahn-Aufsichtsrat untersucht Chaos zum Fahrplanwechsel 17:07 Mediator Clemens Vedder : Der große Firmen-Vereinfacher 17:02 Soziales Netzwerk : Facebook will mehr Umsätze in einzelnen Ländern versteuern 17:00 Gasexplosion in Österreich : Italien ruft Energie-Notstand aus 16:58 Risikokapitalgeber Christian Miele : „Viele Mittelständler sind in Schockstarre verfallen“ 16:54 MTU Aero Engines : Triebwerksbauer sieht 2018 als „Übergangsjahr“ 16:53 Lufthansa-Billigtochter : Eurowings bietet auf Langstrecke Businessklasse an 16:50 Air-Berlin-Übernahme : Brüssel gibt grünes Licht für Easyjet 16:37 Deutsche Firmen in den USA : Optimismus made in America 16:26 Dieselskandal : Kraftfahrt-Bundesamt ruft VW Touareg zurück.
Mehr zu: Patentschutz läuft aus – Das Billig-Viagra kommt.
Kommentare zu ” Patentschutz läuft aus: Das Billig-Viagra kommt”
Dieser Beitrag kann nicht mehr kommentiert werden. Sie können wochentags von 8 bis 18 Uhr kommentieren, wenn Sie angemeldeter Handelsblatt-Online-Leser sind. Die Inhalte sind bis zu sieben Tage nach Erscheinen kommentierbar.
suchen Sie mehr als 215.000 Stellenanzeigen in 36 deutschen Stellenbörsen.